Antiziganismusforschung interdisziplinär – Schriftenreihe der Forschungsstelle Antiziganismus
Die Open-Access-Reihe gibt Einblicke in ein noch junges, aber dynamisches Forschungsfeld, das unterschiedliche methodische Zugänge erfordert. Sowohl bereits etablierte Forscherinnen und Forscher wie Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler erhalten die Möglichkeit, neue Forschungsergebnisse in englischer oder deutscher Sprache zu publizieren. Die Reihe zielt darauf ab, die Antiziganismusforschung stärker im akademischen Diskurs zu verankern und Institutionen wie Forschende zusammenzuführen, kurz: sie will Impulsgeber für die weitere Grundlagenarbeit sein.
Reihenherausgeberschaft: Prof. Dr. Edgar Wolfrum, Dr. Frank Reuter, Daniela Gress, M.A.
Zur Verlagsseite von heiUp – Heidelberg University Publishing.
Band 3: The ‘White’ Mask and the ‘Gypsy’ Mask in Film
Von Radmila Mladenova
Die Studie widmet sich einem in der Filmwissenschaft bislang vernachlässigten Thema: dem ‚Zigeuner‘-Phantasma auf der Kinoleinwand. Sie verbindet die Rekonstruktion der Geschichte der ‚Zigeuner‘-Darstellungen im Film seit den Anfängen des Mediums mit einer systematischen filmtheoretischen Verortung ihrer ästhetischen und gesellschaftlichen Funktion. Auf der Grundlage von über 150 Werken aus dem europäischen und US-amerikanischen Kino wird aufgezeigt, dass den ,Zigeuner‘-Spielfilmproduktionen unabhängig von Ort und Zeit ihrer Entstehung das Grundgerüst einer ,ethno-rassischen‘ Maskerade gemeinsam ist. Damit erweitert die Autorin die bisherigen, auf das Gebiet der Literatur konzentrierten Forschungen um ein weiteres Medium, den Film, und erschließt neue Dimensionen des (populär-)kulturellen Antiziganismus.
Zur Autorin:
Radmila Mladenova ist Literatur- und Filmwissenschaftlerin und promovierte am Slavischen Institut der Universität Heidelberg zum Thema „The ‘White’ Mask and the ‘Gypsy’ Mask in Film“. Sie hat Anglistik und Amerikanistik an der Universität Sofia studiert und den Masterstudiengang „Kultur im Prozess der Moderne“ an der Universität Mannheim abgeschlossen. Ihre Forschungsinteressen liegen an der Schnittstelle von Rassismus und Kunst.
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Band 2: Visuelle Dimensionen des Antiziganismus
Hg. von Frank Reuter, Daniela Gress und Radmila Mladenova
Visuelle Medien spielen seit der Frühen Neuzeit eine Schlüsselrolle für die Genese des Antiziganismus. Charakteristisch für die bildlichen Ausprägungen des Phänomens ist ein selektives Blickregime, das sich auf wenige ausgewählte Motive fokussiert und eine definitorische Funktion über die Abgebildeten beansprucht. Die seit Jahrhunderten vielfach wiederholten visuellen Codes gewährleisten ein reflexhaftes Wiedererkennen auf Seiten der Betrachtenden. Der interdisziplinär angelegte Sammelband untersucht mit vergleichenden Analysemethoden die zentralen Motive und Semantiken von „Zigeuner“-Bildern in unterschiedlichen Repräsentationsformen wie Literatur, bildender Kunst, Fotografie, Postkarten, Oper, Theater, Comic, Film oder Computerspielen. Die Beiträge sollen eine empirische Grundlage schaffen, um eines der wirkmächtigsten Stereotype in der europäischen Kulturgeschichte in seinen inhaltlichen, zeitlichen, geografischen und medienspezifischen Ausprägungen freizulegen. Im Fokus stehen insbesondere die Verbindungslinien und komplexen Wechselbeziehungen zwischen unterschiedlichen medialen Repräsentationen. Bis heute überlagern antiziganistische Imaginationen die öffentliche Wahrnehmung und wirken sich negativ auf die Positionierung von Sinti und Roma in den europäischen Gesellschaften aus.
Mit Beiträgen aus der FSA:
Daniela Gress, Frank Reuter, Radmila Mladenova: Visuelle Prototypen? Tiefenschichten des antiziganistischen Blicks
Frank Reuter: Mediale Metamorphosen
Radmila Mladenova: Muster symbolischer Gewalt. Das Kinderraubmotiv in visuellen Medien
Sabine Girg: Das Spektakel des Fremden. "La Primera Exposición Gitana" (1948)
Johannes Valentin Korff: Manga – Anime – Videospiel. Erscheinungsformen der „Zigeuner“-Motivik im ostasiatischen Videospiel und Anime-Stil
Daniela Gress: Visualisierte Emanzipation. Strategien medialer (Selbst-)Darstellung von Sinti und Roma in dokumentarischen Filmen
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Band 1: Patterns of Symbolic Violence. The Motif of ‘Gypsy’ Child-theft across Visual Media
Von Radmila Mladenova
Im Zentrum der Monografie stehen das Motiv des „Zigeunern“ seit Jahrhunderten zugeschriebenen Kinderraubs und dessen Visualisierungen innerhalb der europäischen Kunst- und Kulturgeschichte zwischen dem 17. und 21. Jahrhundert. Anhand einer Reihe paradigmatischer Kunstwerke und visueller Medien untersucht Mladenova die unterschiedlichen Anpassungen des Motivs und arbeitet seine vielschichtigen Bedeutungen und Funktionen heraus. Dabei richtet die Autorin ihr Augenmerk besonders auf die Farbkodierung von Körpern und deren rassistische bzw. antiziganistische Verwendung. Die Analyse beginnt mit einer kritischen Betrachtung von Cervantes Erzählung „La gitanilla“ – dem literarischen Ursprung des Kinderraubmotivs. Ausgehend davon wird dessen Visualisierungsgeschichte von den holländischen Historienmalereien des 17. Jahrhunderts über die Drucktechniken des 19. Jahrhunderts bis hin zu Filmen des 20. Jahrhunderts nachgegangen. Den Abschluss bildet eine kritische Analyse des Kinderfilms „Nellys Abenteuer“ aus dem Jahr 2016.
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Die Monografie bildet den Abschluss des 2018 an der Forschungsstelle angesiedelten und vom Research Council (Field of Focus 3) finanzierten Drittmittelprojekts „Stigma Zigeuner. Visuelle Dimensionen des Antiziganismus“.
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Weitere Publikationen:
Sinti und Roma
Der nationalsozialistische Völkermord in historischer und gesellschaftspolitischer Perspektive
Sammelband herausgegeben von Karola Fings und Sybille Steinbacher
Der Völkermord an den Sinti und Roma erfuhr erst eine öffentlich weithin sichtbare Anerkennung, als 2012 in Berlin das zentrale Denkmal für diese Opfergruppe geschaffen wurde. Doch bis heute ist das Wissen um die Verfolgung der Minderheit und den an ihr begangenen Völkermord gering.
In historischer Perspektive werden das Verfolgungsgeschehen im Deutschen Reich, das Leid im Konzentrationslager Dachau sowie die Tötungsverbrechen in Ost- und Südosteuropa dargestellt. Dem Spannungsfeld von Täter- und Opferperspektiven und den Kontinuitäten und Brüchen nach 1945 gilt ein besonderes Augenmerk. In gesellschaftspolitischer Perspektive werden Fragen der Vermittlungs- und der Bürgerrechtsarbeit problematisiert sowie die Bedeutung des bis heute wirkmächtigen Antiziganismus für die Überlebenden und deren Nachkommen thematisiert.
Mit den Beiträgen aus der FSA:
Karola Fings: Perspektiven auf den Völkermord. Einführung
Frank Reuter: Zeugnis und Stigma. Fotografische Quellen des Völkermords an den Sinti und Roma
Daniela Gress: Protest und Erinnerung. Der Hungerstreik in Dachau 1980 und die Entstehung der Bürgerrechtsbewegung deutscher Sinti und Roma
Reihe: Dachauer Symposien zur Zeitgeschichte; Bd. 19.
Zur Verlagsseite von Wallstein.
Zur Rezension in der Süddeutschen Zeitung.
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Protected Children, Regulated Mothers
Gender and the “Gypsy Question” in State Care in Postwar Hungary, 1949–1956
By Eszter Varsa
Protected Children, Regulated Mothers - Gender and the “Gypsy Question” in State Care in Postwar Hungary, 1949–1956 (CEU Press, 2021) examines child protection in Stalinist Hungary as a part of twentieth-century East Central, Eastern, and Southeastern European history. Across the communist bloc, the prewar foster care system was increasingly replaced after 1945 by institutionalization in residential homes. This shift was often interpreted as a further attempt to establish totalitarian control. However, this study—based on hundreds of children’s case files and interviews with institution leaders, teachers, and people formerly in state care—provides a new perspective. Rather than being merely a tool of political repression, state care in postwar Hungary was often shaped by educators’ efforts to address the myriad of problems engendered by the social and economic transformations that emerged after World War II. This response built on, rather than broke with, earlier models of reform and reformatory education. Yet child protection went beyond safeguarding and educating children; it also focused on parents, particularly lone mothers, regulating not only their entrance to paid work but also their sexuality. In so doing, children’s homes both reinforced and changed existing cultural and social patterns, whether about gendered division of work or the assimilation of minorities. Indeed, a major finding of the book is that state socialist child protection continued a centuries-long national project of seeking a “solution to the Gypsy question,” rooted in efforts to eliminate the perceived “work-shyness” of Roma.
To the author:
Eszter Varsa was Romani Rose-Fellow in 2020 and is post-doctoral researcher in the ERC project ZARAH: Women's Labour Activism in Eastern Europe and Transnationally, From the Age of Empires to the Late 20th Century at CEU, Vienna.
Zur Verlagsseite von CEU Press.
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Antigypsyism and Film / Antiziganismus und Film
Sammelband herausgegeben von Radmila Mladenova et al.
Antiziganismus ist Normalität auf der großen Leinwand. Um dieses Problem aus unterschiedlichen Perspektiven zu untersuchen, versammelten sich Wissenschaftler und Nachwuchsforscher, Filmemacher und Menschenrechtsaktivisten – Roma wie Nicht-Roma – 2018 in Berlin zu einer internationalen Tagung: “Antiziganismus und Film“. Sie präsentierten ihre Forschungsergebnisse, teilten persönliche Zeugnisse und diskutierten Filme. Der vorliegende zweisprachige Band dokumentiert diese in ihrer Form bisher einzigartige Tagung.
Der Tagungsband umfasst wissenschaftliche Artikel und Essays sowie Interviews mit Filmemachern, unterteilt in vier thematische Abschnitte: Antiziganismus im Film, Fragen der Ethik, Strategien der Subversion und Antiziganismus im Verhältnis zu anderen Ressentiments.
Mit den Beiträgen aus der FSA:
Radmila Mladenova: Introduction: On the Normalcy of Antigypsyism in Film
Radmila Mladenova: Über ‚Zigeuner‘-Filme und ihre Technologie der Wahrheitskonstruktion
Frank Reuter: Konstruktionen der „Zigeunerin“ im NS-Film: eine vergleichende Analyse
Zur Verlagsseite von heiup.
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Minderheiten und Arbeit im 19. und 20. Jahrhundert
Aspekte einer vielschichtigen Beziehungsgeschichte
Sammelband herausgegeben von Daniela Gress
Nur wenige Themen polarisieren in sozialen Zusammenhängen so stark wie „Minderheiten“ und „Arbeit“. Der interdisziplinär angelegte Sammelband nähert sich dieser vielschichtigen Beziehungsgeschichte an und fragt nach Inklusions- wie Exklusionsentwicklungen für Minderheiten in der Geschichte der Arbeit im 19. und 20. Jahrhundert. Die unterschiedlichen methodischen Zugänge der Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler machen die Perspektive der Minderheitenforschung für arbeitshistorische Untersuchungen fruchtbar.
Die Publikation versammelt facettenreiche Studien aus unterschiedlichen fachlichen Perspektiven über das Verhältnis zwischen Minderheiten und verschiedenen Formen sowie Verhältnissen von Arbeit seit dem 19. Jahrhundert. Gemeinsame Überkategorien aus der Minderheitengeschichte der Arbeit wie Mobilität und Armut, „Fremd-“ und Zwangsarbeit, Arbeitsmigration sowie die Auswirkungen von Arbeitsethos und Geschlechterbildern bilden die Schwerpunkte der Kapitel.
Es geht darum, vielfältige historische und thematische Kontexte zu beleuchten, in welche Entwicklungen des Verhältnisses von Minderheiten zu Arbeit eingebettet sind. Dabei erhebt der Sammelband nicht den Anspruch, eine umfassende Studie vorzulegen. Vielmehr soll der Versuch einer ersten Skizzierung unterschiedlicher Aspekte einer
Geschichte des Beziehungsverhältnisses von Minderheiten und Arbeit unternommen
werden, um weitere Forschungen anzuregen, die nach der Rolle von
Minderheiten in der Geschichte der Arbeit fragen.
Zur Verlagsseite von heiBooks.